Das 1×1 der Kleinwindanlagen

Quellen:
Matthias Gehling: (2019): Installierte Leistung, Stromerzeugung und Marktentwicklung von Kleinwindanlagen in Deutschland. Kurzstudie im Auftrag vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW), Stuttgart.

Patrick Jüttemann (2020): Kleinwindkraft für Gewerbe & Privat. Planung, Technik, Markt. 2. Auflage.

Eine Kleinwindanlage ist vom Wirkungsprinzip erstmal identisch mit den großen Windrädern. Die genaue Abgrenzung ist jedoch nicht einheitlich geregelt. International spricht man häufig bei über 100 kW Nennleistung von Großwindanlagen und alles, was darunter ist, wird als Kleinwindanlage bezeichnet. In Deutschland hingegen gilt alles geringer als 50 kW Nennleistung als eine Kleinwindanlage. In Deutschland wird zudem die Anlagenhöhe (< 50 m), die Rotorfläche (< 200 m²), Rotordurchmesser (< 16 m) und der Standort zur rechtlichen Einordnung hinzugezogen.
Internationale Verbände im Bereich Kleinwindenergieanlagen (KWEA) haben eigene Leistungsklassen zur Unterteilung festgelegt:

  • Mikro: 0 bis 1,5 kW
  • Klein: 1,5 bis 10 kW
  • Mittel: 10 bis 75 kW

Am häufigsten installiert werden die Mikrowindanlagen, die vor allem von Privathaushalten oder als Inselnetz (Boot, Tiny House etc.) genutzt werden.

Welche Kleinwindanlagen gibt es?

Laut dem „Small Wind World Report“ gab es 2011 weltweit mehr als 330 Hersteller von Windanlagen (unter 100 kW Nennleistung) mit wiederum über 1.000 verschiedenen Modellen – was die Auswahl einer passenden Kleinwindanlage für Kund:innen nicht leichter macht. Erschwerend kommt hinzu, dass es eine erhebliche Preis- und Qualitätsspanne gibt und gerade im Bereich der Mikrowindanlagen viele qualitativ schlechte Anlagen angeboten werden. Daher nochmal der Tipp: Es lohnt sich der Blick in den jährlich erscheinenden Marktreport von Patrick Jüttemann!

Grundsätzlich kann zwischen zwei Bauweisen unterteilt werden: Kleinwindanlagen mit horizontaler oder vertikaler Drehachse. Vertikale Kleinwindanlagen sind in den letzten Jahren beliebter geworden, da sie ein etwas futuristisches Aussehen haben und auch von Schräganströmungen profitieren können. Jedoch sind horizontale Anlagen nach Jüttemann noch immer den vertikalen Anlagen überlegen.

Im Gegensatz zu den großen Windenergieanlagen gelten Kleinwindanlagen nicht als raumbedeutsame Anlagen. Leider gibt es in Deutschland noch kein einheitliches Genehmigungsverfahren für die Errichtung einer Kleinwindanlage und es ist abhängig von der jeweiligen Landesbauordnung und der zustöndigen Baubehörde vor Ort. In mehreren Bundesländern ist jedoch bis zu einer Gesamthöhe von 10 m keine Baugenehmigung erforderlich. Es ist daher empfehlenswert, sich früh mit dem Genehmigungsverfahren im jeweiligen Bundesland auseinanderzusetzen und auch früh mit dem Bauaumt Kontakt aufzunehmen und ggf. notwendige Bauunterlagen zu erfragen. Ein weiterer Tipp von Jüttemann ist, dass auch in der Nachbarschaft frühzeitig das Vorhaben anzukündigen und auch hier mögliche Vorurteile mit Fakten zu widerlegen.
Seit 2014 ist es verplfichtend, Neuanlagen, die in das öffentliche Stromnetz einspeisen und damit EEG gefördert werden, zu melden. Auch Bestandsanlagen müssen angemeldet werden, wenn z. B. eine Änderung der Genehmigungssituation vorliegt. Für die Leistungsauswahl der Windanlage auch interessant: In Deutschland muss bei Anlagen bis 10 kW Leistung für den Eigenverbrauch des Windstroms keine EEG-Umlage gezahlt werden.

Da in den meisten Bundesländern eine genehmigungsfreie Kleinwindanlage nur zehn Meter hoch sein darf, ist die Eignungsprüfung des Standorts wichtig, denn das Relief und die Oberflächeneigenschaften nehmen einen großen Einfluss auf die Windströmung. Das heißt, dass z. B. Nachbargebäude oder Baumbestand am Aufstellort berücksichtigt werden müssen und eine freie Anströmung aus Hauptwindrichtung gegeben sein sollte. Im Jahresdurchschnitt sollten durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von 4 bis 5 m/s zur Verfügung stehen, damit sich die Anschaffung einer Kleinwindanlage wirtschaftlich lohnt. Daher lohnt sich die Durchführung einer Standortanalyse, damit später keine Enttäuschung aufkommt, wenn sich das wahrgenommene Windangebot als ungenügend herausstellt. Insbesondere bei einer Montage auf dem Dach ist die Höhe und die Dachform entscheidend, weswegen wiederum die Windpotenzialanalyse zu empfehlen ist, und es sollten auch die Körperschallübertragungen bedacht werden.

Anders als bei Photovoltaikanlagen ist die Vergütung bei der Einspeisung von Windenergie sehr gering, weswegen Kleinwindanlagen in Deutschland nicht oder kaum für eine Volleinspeisung ins öffentliche Stromnetz (im Rahmen der EEG) genutzt wird. Optimalerweise wird der Strom direkt selbst verbraucht und die Kleinwindanlage mit einem Batteriespeicher ergänzt, um den gewonnenen, aber gerade nicht benötigten, Strom speichern zu können. Die Hauptverwendung von Kleinwindanlagen in Deutschland ist damit der Eigenverbrauch oder eine autarke Versorgung, solange der Einspeisetarif im Vergleich zum Strompreis wirtschaftlich nicht lukrativ ist.

Für eine autarke Stromversorgung ist die Kombination mit Photovoltaikanlagen absolut empfehlenswert. Denn: Sonne und Wind ergänzen sich optimal. Tagsüber und v. a. in den Sommermonaten generiert eine PV-Anlage mehr Strom, während nachts und in den Herbst- und Wintermonaten eine Windanlage lukrativer ist. Gerade wenn Strom zum Heizen genutzt wird, wie z. B. bei der Nutzung von Wärmepumpen, ist es sinnvoll, (zusätzlich) auf Windstrom zurückzugreifen.